Nitrat in Trinkwasser

Dr. Peter Lenz

 

Im Sommer 2015 ging folgende Meldung durch die Presse: „Weniger Nitrat im Grundwasser“. Was für das Grundwasser gilt, kann auch auf unser Trinkwasser übertragen werden. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass nur ein kleiner Teil des Grundwassers zu Trinkwasserzwecken genutzt wird. Aus diesem Anteil des Grundwassers und aus Quellwasser werden in Baden-Württemberg immerhin etwa 70 % des Trinkwassers gewonnen. Daher haben wir eine Auswertung über das Nitratvorkommen aus dem Trinkwasser-Informations-System (TrIS) des Landes vorgenommen. In diese Datenbank fließen sowohl Analysenergebnisse der vier landeseigenen Untersuchungseinrichtungen (Chemische und Veterinäruntersuchungsämter) als auch Analysenergebnisse von Eigenkontroll-Untersuchungen, die die Wasserversorger bei Privatlaboratorien durchführen lassen. Diese Daten werden uns von den 38 Gesundheitsämtern des Landes übermittelt.

 

Die Auswertung ergab folgendes:

In den zurückliegenden drei Jahren von 2013 bis 2015 liegen 7413 Ergebnisse von Nitratuntersuchungen vor (entsprechend 2034, 2755 bzw. 2624 Werten pro Jahr).

 

Der von der Trinkwasserverordnung vorgegebene Grenzwert von 50 mg Nitrat pro Liter wurde im Jahr 2013 in öffentlichen Trinkwasserversorgungen bei 11 Untersuchungen überschritten. In den Jahren 2014 und 2015 waren nur noch jeweils vier Überschreitungen zu verzeichnen. Damit gingen die Grenzwertüberschreitungen von 0,5 % auf 0,15 % zurück. Über den Dreijahres-Zeitraum hinweg lagen gleichbleibend 82 % der untersuchten Proben unter dem halben Nitratgrenzwert. Die Verbesserung hat sich vor allem im unteren Konzentrationsbereich deutlich abgezeichnet: der Anteil der Proben mit 10 mg/l Nitrat und weniger ist von ca. 35 % auf 42 % angestiegen. Unser Trinkwasser ist also in diesem Bereich deutlich besser geworden.

 

Abbildung 1: Verteilung Nitratgehalte 2013.

Abbildung 1: Verteilung Nitratgehalte 2013.

 

Abbildung 2: Verteilung Nitratgehalte 2014.

Abbildung 2: Verteilung Nitratgehalte 2014.

 

Abbildung 3: Verteilung Nitratgehalte 2015.

Abbildung 3: Verteilung Nitratgehalte 2015.

 

Abbildung 4: Übersicht Nitratgehalte 2013 – 2015.

Abbildung 4: Übersicht Nitratgehalte 2013 – 2015.

 

Abbildung 5: Nitratgehalte in Baden-Württemberg 2015 in mg/l .

 

Infokasten

Wo kommt Nitrat im Grundwasser her?

Nitrat wird genau wie Ammonium in der Landwirtschaft als Düngemittel eingesetzt. Diese Stickstoffverbindungen sind sehr gut wasserlöslich. Wird das Nitrat durch Bodenbakterien nicht zum Ammonium abgebaut, kann es sich im Grundwasser anreichern. Zur Verringerung der Nitratbelastung in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten erhalten Landwirte gesetzlich geregelte Ausgleichszahlungen wegen geringer Ernteerträge, wenn sie die Nitratdüngung deutlich reduzieren.

 

Welche Maßnahmen zur Reduzierung hoher Nitratbelastungen von Trinkwasser gibt es?

Anlagen zur Nitratentfernung (chemisch oder mikrobiologisch) sind sehr teuer. Effektiver ist die Zumischung von unbelastetem Trinkwasser oder die Erschließung neuer Nitrat ärmerer Grundwasservorkommen.  Die beste Lösung besteht im großflächigen Verzicht auf Nitrateintrag ins Grundwasser durch Ausweisung von Wasserschutzgebieten. 

 

Wie ist der Trinkwassergrenzwert überhaupt einzuschätzen?

Der Trinkwassergrenzwert für Nitrat ist mit 50 mg/l so ausgelegt, dass – unabhängig vom Alter – jeder Mensch lebenslang 2 Liter Trinkwasser pro Tag genießen kann, ohne gesundheitliche Nachteile dadurch befürchten zu müssen. Der Grenzwert ist gegenüber anderen Lebensmitteln auch sehr niedrig bemessen: z.B. darf eine Portion Kopfsalat (100 g), vor allem im Winter, etwa achtmal so viel Nitrat enthalten wie ein Liter Trinkwasser. Der Trinkwassergrenzwert ist somit kein gesundheitlich begründeter Wert, ab dem das Wasser ungenießbar wäre. Er stellt vielmehr einen Eingreifwert dar, ab dem der Wasserversorger zu handeln hat. In Ausnahmefällen hat das zuständige Gesundheitsamt die Möglichkeit, für einen beschränkten Zeitraum eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, mit der Trinkwasser an die Bevölkerung abgegeben werden darf, das den Grenzwert bis zu einer festgesetzten Höhe überschreitet. Dieser Zeitraum darf im äußersten Fall 9 Jahre betragen und wird zunächst  vom Bund und später auch von der EU überwacht.

 

Warum ist Nitrat gesundheitlich bedenklich?

Nitrat selbst ist dabei weniger das Problem als das daraus gebildete Nitrit. Diese reduzierte Form der Stickstoffverbindung entsteht einerseits durch bakteriellen Abbau im Lebensmittel, andererseits durch Abbau im Körper. Nitrit kann bei Säuglingen zur sogenannten Blausucht führen. Die roten Blutkörperchen können dann den Sauerstoff nicht mehr einlagern. Bei Erwachsenen tritt dieser Effekt in der Regel nicht mehr auf. Außerdem kann Nitrit im Körper mit Aminen (Abbauprodukte von Eiweißen) zu krebserregenden Nitrosaminen reagieren.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 12.08.2016