Listerien-Nachweise in Fleisch, Fleischerzeugnissen und Wurstwaren

Dr. Sabine Horlacher (CVUA Stuttgart), Dr. Andreas Pastari (CVUA Freiburg), Jannika Fuchs (CVUA Karlsruhe)

 

Warnungen vor Listerien in Lebensmitteln finden sich in der Presse immer öfter. Aber was genau sind Listerien und wo kommen diese vor?
Die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter in Baden-Württemberg untersuchen jährlich zahlreiche Lebensmittel u.a. auf das Vorhandensein von Listerien. So wurden im Jahr 2015 insgesamt 2368 Fleisch und Fleischprodukte mikrobiologisch untersucht. In 2 % der Proben wurde Listeria monocytogenes nachgewiesen. Es handelte sich dabei vor allem um rohe Würste insbesondere Zwiebelmettwürste sowie rohes Hackfleisch. Lediglich drei Proben wiesen einen Keimgehalt von über 100 KBE/g auf und wurden daher als nicht sicher und als gesundheitsschädlich für den Menschen beurteilt.
Der Lebensmittelüberwachung in den Stadt- und Landkreisen wird somit frühzeitig die Möglichkeit gegeben, in den betroffenen Betrieben Maßnahmen gegen Listerien einzuleiten, so dass eine Gefährdung der Verbraucher minimiert werden kann.

 

Abb. 1: Wachstum von Listeria monocytogenes auf ALOA-Agar (Foto: CVUA Stuttgart) .

Abb. 1: Wachstum von Listeria monocytogenes auf ALOA-Agar (Foto: CVUA Stuttgart)

 

Listeriose – was ist das?

Jedes Jahr erkranken deutschlandweit ca. 600 Menschen an Listeriose [1]. Hauptansteckungsquelle sind Lebensmittel, die mit Listeria monocytogenes, einem grampositiven beweglichen Stäbchen, kontaminiert sind. Hierbei spielen Rohmilchprodukte, Räucherlachs, Rohwürste oder aufgeschnittene Brühwürste eine besondere Rolle.

Listerien kommen überall vor. Eine Verunreinigung von Lebensmitteln kann demnach sowohl durch bereits kontaminierte Rohstoffe als auch während der Be- und Verarbeitung tierischer und pflanzlicher Lebensmittel auftreten. Sofern das Lebensmittel keinem keimabtötenden Verfahren, z.B. ausreichender Erhitzung, unterzogen wird, können Listerien im Endprodukt nachweisbar sein. Listerien können sich auch bei Kühltemperaturen im Lebensmittel vermehren, wenn die Zusammensetzung des Lebensmittels dies ermöglicht.

Während die meisten Listeria spezies für den Menschen gesundheitlich unbedenklich sind, kann Listeria monocytogenes zu schweren Humanerkrankungen führen [2].

Bei gesunden Erwachsenen führt eine Infektion mit Listeria monocytogenes meist zu keinen bzw. nur zu leichten uncharakteristischen fieberhaften Symptomen. Bei besonders empfindlichen Personengruppen, kurz YOPIs [4] genannt, reicht die Symptomatik von grippeähnlichen bis hin zu schweren Verläufen mit Blutvergiftung, Gehirn-/Gehirnhautentzündung, sogar Todesfälle sind nicht selten. Bei Schwangeren besteht zusätzlich die Gefahr von Früh- oder Fehlgeburten. Ungeborene Kinder können bereits im Mutterleib (transplazentar) oder während des Geburtsvorgangs infiziert werden. Sie erkranken dann häufig an einer Hirnhautentzündung [2].
Bei der Verpflegung dieser Personengruppen, z.B. im Krankenhaus, ist daher besonderes Augenmerk auf die mögliche Belastung der Lebensmittel mit Krankheitserregern zu legen [3]. So sollten z.B. Schwangere keine rohe tierische Produkte wie Rohmilchkäse, rohes Hackfleisch, Mett oder lang gelagerten Räucherfisch essen.

 

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YOPIs

Hierbei handelt es sich um eine englische Abkürzung für besonders empfindliche Personengruppen.

Dazu gehören:

Y oung (jung): Säuglinge und Kleinkinder bis zum Alter von 5 Jahren,

O ld (alt): Senioren (insbesondere wenn ihre Abwehrkräfte geschwächt sind),

P regnant (schwanger): Schwangere und

I mmunosuppresed (immunsupprimiert): Menschen, deren Abwehrkräfte durch Vorerkrankung oder Medikamenteneinnahme geschwächt ist.

 

Nach Verzehr von mit Listeria monocytogenes kontaminierten Lebensmitteln dauert es i.d.R. ca. 1 Woche bis zu 70 Tagen bis Erkrankungserscheinungen auftreten. Dabei ist die Erkrankung von der aufgenommen Anzahl der Erreger abhängig. Als für den Menschen gesundheitsschädlich werden Gehalte ab 100 KBE/g im Lebensmittel angesehen. Dabei ist in Einzelfällen, insbesondere bei besonders empfindlichen Personengruppen, eine geringere Infektionsdosis nicht auszuschließen [2].

Die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 [4] gibt Beurteilungskriterien für Listeria monocytogenes in verzehrfertigen Lebensmitteln vor [5]. So gilt für besonders risikoträchtige Lebensmittel, die für Risikogruppen wie Säuglinge bestimmt sind, oder deren Zusammensetzung eine Listerienvermehrung fördert, dass Listeria monocytogenes in einer Anreicherung von 25 g Lebensmittel nicht nachgewiesen werden darf. Für Risikogruppen-Lebensmittel gilt das während der gesamten Haltbarkeitsdauer, für Lebensmittel, die das Wachstum von L. monocytogenes begünstigen können, kurz nach der Herstellung. Ansonsten gilt für verzehrfertige Lebensmittel während der gesamten Haltbarkeitsdauer ein Listeria monocytogenes-Grenzwert von 100 KBE/g. Das einzuhaltende Kriterium legt der Lebensmittelunternehmer in Abhängigkeit der Art des Produktes und seiner Haltbarkeit selbst fest. Der Lebensmittelunternehmer überprüft diese Kriterien regelmäßig im Rahmen seiner Eigenkontrollen. Die stichprobenartige, amtliche Probenahme durch die Lebensmittelüberwachungsbehörde dient der Kontrolle der Eigenkontrollen.

 

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KBE/g

Als koloniebildende Einheit (colony forming unit, CFU) bezeichnet man in der Mikrobiologie den Gehalt eines Materials an Mikroorganismen, und zwar ihre Anzahl im Verhältnis zum Volumen (KBE/ml) oder zur Masse (KBE/g) des Materials. Sie wird mittels eines Keimzählverfahrens ermittelt.

 

Wie werden Listerien im Lebensmittel nachgewiesen und wie werden sie bewertet?

Der Nachweis von Listerien, insbesondere Listeria monocytogenes, beruht i.d.R. auf einem kulturellen Anreicherungsverfahren, mit dem die An- bzw. Abwesenheit der Mikroorganismen im Lebensmittel geprüft wird, sowie einem Keimzählverfahren mit anschließender Differenzierung der gewachsenen Isolate. Die Nachweisgrenze für die Keimzählung liegt dabei idealerweise bei 10 KBE/g. So kann bereits eine sehr geringe Keimdichte im Lebensmittel frühzeitig auf das Vorkommen der Keime im Betrieb hinweisen. Der alleinige Nachweis in der Anreicherung deutet darauf hin, dass die Hygienemaßnahmen im Betrieb erhöht werden sollten. Dies könnte zum einen durch verbesserte Reinigungs- und Desinfektionsschemata im lebensmittelverarbeitenden Betrieb in Verbindung mit der Überprüfung von Gegenständen und Umfeldproben erreicht werden.

Sofern Listeria monocytogenes in einer Konzentration von über 100 KBE/g in einem verzehrfertigen Lebensmittel nachgewiesen wird, ist das Produkt als nicht sicher und als gesundheitsschädlich im Sinne von Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 [6] zu beurteilen.

Listerien sind immer als Hygieneindikator zu bewerten, weil beim Auftreten anderer Listeria spezies nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann, dass auch der pathogene Keim Listeria monocytogenes vorhanden sein kann. Bei einem Nachweis in Lebensmitteln in sehr hohen Konzentrationen sollten betriebliche Maßnahmen mit dem Ziel einer Verbesserung der Produktionshygiene durchgeführt werden.

 

Untersuchungen in Baden-Württemberg

Jedes Jahr werden in den vier Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern Baden-Württembergs umfangreiche Untersuchungen z.B. in Fleisch, Fleischerzeugnisse und Wurstwaren auf das Vorkommen von Listeria monocytogenes durchgeführt. Hierbei handelt es sich um geplante Probenahmen in Metzgereien, Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften oder Herstellerbetrieben.

 

Wurst

So wurden im Jahr 2015 insgesamt 1097 Wurstproben auf das Vorhandensein von Listerien, insbesondere Listeria monocytogenes untersucht. Bei den Wurstproben handelte es sich um 468 Brühwürste, 157 Kochwürste wie z.B. Leberwurst und 472 Rohwürste, davon 170 streichfähige Mettwürste.

36 Wurstproben wiesen in der Anreicherung in 25 g des Produktes qualitativ Listerien auf, diese wurden in der durchgeführten Differenzierung in 24 Fällen als Listeria monocytogenes bestätigt. Bei den anderen Isolaten waren Listerien nachweisbar, die nicht krankheitserregend sind. Bei 21 der Listeria monocytogenes positiven Proben handelte es sich um Rohwürste, insbesondere um streichfähige (Zwiebel-)Mettwürste, die bei der Herstellung keinem Erhitzungsschritt unterzogen werden.

 

Abb. 2: aufgeschnittene streichfähige Mettwurst im Kunststoffdarm (Foto: CVUA Stuttgart).

Abb. 2: aufgeschnittene streichfähige Mettwurst im Kunststoffdarm (Foto: CVUA Stuttgart)

 

In 8 Proben wurde Listeria monocytogenes quantitativ auch in der Keimzählung nachgewiesen. Die Keimzahlen lagen bei 4 Rohwürsten und einer Brühwurst bei 10 KBE/g, bei einer Brühwurst (Rindswurst) bei 50 KBE/g, bei einer Rohwurst (Mettwurst) bei 80 KBE/g und bei einer Leberwurst bei 290 KBE/g. Letztere wurde aufgrund der hohen Konzentration an krankheitserregenden Listeria monocytogenes als nicht sicher und als gesundheitsschädlich beurteilt.

Bei einer durchgeführten Nachkontrolle des Betriebes, bei der in einer Planprobe 50 KBE/g in einer Rindswurst nachgewiesen wurden, wurde eine weitere Wurstprobe zur Überprüfung des Mindesthaltbarkeitsdatums erhoben. Dies ist sinnvoll, da eine Vermehrung von Listerien auch bei Kühltemperaturen möglich ist und in diesem Produkt nicht durch die Zusammensetzung verhindert werden kann. Der Keimgehalt von Listeria monocytogenes von mehr als 100 KBE/g wird als gesundheitsschädlich betrachtet und darf daher während der gesamten Haltbarkeitsdauer nicht überschritten werden. Die untersuchte Probe wies am Ende der Haltbarkeit mit einem Keimgehalt von 620 KBE/g eine deutliche Überschreitung dieses Grenzwertes auf. Die Rindswurst wurde daher als nicht sicher und als gesundheitsschädlich beurteilt.

 

Fleischerzeugnisse

Außerdem wurden 658 Fleischerzeugnisse, wie z.B. geräucherter Schinken oder gewürzte Hackfleischprodukte auf das Vorhandensein von Listerien untersucht. In 16 Proben wurden Listerien im Anreicherungsverfahren qualitativ in 25 g Lebensmittel nachgewiesen, dabei handelte es sich in 7 Fällen um nicht krankmachende Listerien (z.B. Listeria innocua) und in 9 Fällen um Listeria monocytogenes.
Listeria monocytogenes konnte in 7 Proben zusätzlich quantifiziert werden, wobei lediglich in einer Probe „Lachsschinken“ deutlich erhöhte Konzentrationen (510 KBE/g) nachgewiesen wurden. Aufgrund des Listeria monocytogenes-Gehaltes wurde diese Probe als nicht sicher und als gesundheitsschädlich beurteilt.

 

Rohes Fleisch

Des Weiteren wurden 613 Fleischproben untersucht, dabei handelte es bei ca. 1/3 um gewolftes Fleisch (Hackfleisch). Von allen auf Listerien untersuchten Fleischproben waren lediglich 3,4 % (21) nach dem Anreicherungsverfahren positiv. Alle positiven Fleischproben waren Hackfleisch aus der Metzgertheke. Die anschließende Keimdifferenzierung ergab neunmal einen nicht pathogenen Stamm und 12-mal Listeria monocytogenes.

 

Abb. 3: rohes Hackfleisch (Foto: CVUA Stuttgart).

Abb. 3: rohes Hackfleisch (Foto: CVUA Stuttgart)


In lediglich 4 Proben konnten die Listeria monocytogenes auch quantitativ nachgewiesen werden. Die Konzentrationen lagen dabei bei 10 KBE/g (2x), 40 KBE/g (1x) und 200 KBE/g (1x), wobei die stark kontaminierte Probe Schweinehackfleisch aus einer Metzgerei war. Bei rohem Hackfleisch ist gemäß den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse [7] grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass das Hackfleisch roh verzehrt wird, z.B. in Form eines Mettbrötchens oder Tatar. Daher wurde die Probe mit dem Listeria monocytogenes-Gehalt von 200 KBE/g Probe als nicht sicher und als gesundheitsschädlich beurteilt.

In zwei weiteren Hackfleischproben (1x Rind, 1x Schwein) wurden hohe Keimkonzentrationen an apathogenen Listerien nachgewiesen. Dies ist zwar nicht gefährlich für den Verbraucher, jedoch ist es ein Hinweis darauf, dass die Produktionshygiene verbessert werden sollte. Die Ergebnisse dienen der Behörde außerdem als Grundlage für die Auferlegung von geeigneten Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen sowie vermehrten Umgebungskontrollen.

 

Quellen

[1] Epidemiologisches Bulletin des RKI Nr. 3/2016

[2] Walter H. Heeschen, Zoonosen und lebensmittelbedingte Erkrankungen, Behr`s Verlag, ISBN 3-89947-190-2

[3] Sicher verpflegt - Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen, Merkblatt des BfR

[4] Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel

[5] Hinweise zu mikrobiologischen Kriterien, CVUA Freiburg

[6] Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit;

[7] LS Fleisch: Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs vom 27./28.11.1974 (Beilage zum BAnz. Nr. 134 vom 25.07.1975, GMBl. Nr. 23 S. 489 vom 25.07.1975), zuletzt geändert am 25.11.2015 (BAnz AT 23.12.2015 B4, GMBl Nr. 69/70 S. 1357 vom 29.12.2015)

 

Weitere Informationen über Listerien: Listeria monocytogenes – unerwünschte Beigabe zu Lebensmitteln

 

 

Artikel erstmals erschienen am 25.07.2016