Haselnüsse – eine Rarität in der Weihnachtsbäckerei 2015?

Elisabeth Burgmaier-Thielert

 

Im Jahr 2015 hat das CVUA Sigmaringen insgesamt 77 Proben ganze bzw. zerkleinerte Haselnüsse auf Aflatoxine untersucht. 6 (7,8 %) der Proben waren wegen Überschreitungen der festgelegten Höchstmengen zu beanstanden. Außerdem war gegenüber dem Vorjahr eine deutliche Zunahme des Anteils aflatoxinbelasteter Ware und des mittleren Aflatoxingehaltes festzustellen.

 

 

Haselnüsse müssen für den deutschen Markt überwiegend importiert werden. Hauptexportland ist die Türkei, die bei Haselnüssen einen Anteil von rund 75 % am Welthandel hat. In weit geringeren Mengen werden Haselnüsse aus Italien, USA, Aserbaidschan und Georgien gehandelt. An der türkischen Schwarzmeerküste gab es Ende März 2014 einen Kälteeinbruch mit Hagelschlag, weshalb die Blüten an den Haselnusssträuchern erfroren sind. Dadurch kam es in der Weihnachtszeit 2014 und vor allem im ersten Halbjahr 2015 zu enormen Engpässen. Das machte sich dadurch bemerkbar, dass sich Kunden bei der Frage nach Haselnüssen in manchen Discountern mit der Antwort: „Haselnüsse haben wir in nächster Zeit keine im Regal.“ zufrieden geben mussten. Einige Läden boten Haselnüsse zwar an, doch waren sie entsprechend teuer – teurer als Mandeln. Somit war man gespannt wie die neue Ernte im August und September 2015 ausfallen würde. Die Ernte 2015 war zwar zufriedenstellend, so dass es keine Engpässe gab, aber durch eine mäßige Ernte blieben die Preise hoch. Haselnüsse waren also keine Rarität für die Weihnachtsbäckerei 2015, jedoch waren sie relativ teuer.

Die Lebensmittelüberwachung stellte sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob aufgrund der Engpässe Ende 2014 und Anfang/Mitte 2015 auch aflatoxinbelastete Haselnüsse im Jahre 2015 auf den Markt gekommen sind.

 

Infokasten

Was sind Aflatoxine

Aflatoxine sind natürliche Gifte, die von den Schimmelpilzen Aspergillus flavus und Aspergillus parasiticus produziert werden. Sie entwickeln sich hauptsächlich in feuchtwarmen Klimazonen. Die Gefahr, dass Haselnüsse aus der Türkei mit Aflatoxinen belastet sind, ist daher relativ hoch. Eine große Rolle für das Ausmaß der Belastung spielen v.a. die Wetterbedingungen bei der Ernte.

Aflatoxine, insbesondere Aflatoxin B1, gelten als die im Tierversuch am stärksten kanzerogen wirksamen Schimmelpilzgifte. Epidemiologische Untersuchungen zeigen, dass Aflatoxine auch beim Menschen eine solche Wirkung ausüben. Um eine Gefährdung der Gesundheit durch aflatoxinbelastete Lebensmittel zu vermeiden, hat der Gesetzgeber Höchstmengen für Aflatoxine festgesetzt. Für Haselnüsse gilt ein Höchstgehalt von 5,0 µg/kg Aflatoxin B1 bzw. von 10,0 µg/kg für Gesamtaflatoxine (Summe Aflatoxin B1, B2, G1 und G2).

 

Untersuchungsergebnisse

Das CVUA Sigmaringen untersucht Lebensmittel aus ganz Baden-Württemberg auf Mykotoxine. Es wurden insgesamt 86 Proben ganze bzw. zerkleinerte Haselnüsse im Jahr 2014 und 77 Proben im Jahr 2015 auf Aflatoxine analysiert und beurteilt. Dabei wurden 11 (2014) bzw. 10 (2015) dieser Proben bei Einfuhrkontrollen erhoben.

 

Tabelle 1: Gegenüberstellung der Ergebnisse von Aflatoxin B1 und Gesamtaflatoxine in Haselnüssen in den Jahren 2014 und 2015
Jahr Toxin Aflatoxin B1 Gesamtaflatoxine
Gesamtzahl der Proben Proben mit Gehalten > BG* Proben mit Gehalten > BG*
Anzahl (Anteil [%]) Mittelwert [µg/kg] Maximalwert [µg/kg] Anzahl (Anteil [%]) Mittelwert [µg/kg] Maximalwert [µg/kg]
Ganze Haselnüsse
2014  42  3 (7,1)  18,1  50,5  3 (7,1)  58,7  159
2015  29  2 (6,8)  1,4  2,0  2 (6,8)  5,1  8,0
Zerkleinerte Haselnüsse
2014  44  13 (29,5)  2,9  5,7  15 (34,1)  2,9  21,9
2015  48  20 (41,7)  4,1  27,0  22 (45,8)  7,0  38,0

* Bestimmungsgrenze kleiner als 0,4 µg/kg

 

Tabelle 2: Gegenüberstellung der Höchstmengenüberschreitungen von Aflatoxin B1 und Gesamtaflatoxine in Haselnüssen in den Jahren 2014 und 2015
Jahr Toxin Aflatoxin B1 Gesamtaflatoxine
Gesamtzahl der Proben Anzahl (Anteil [%]) Anzahl (Anteil [%])
Ganze Haselnüsse
2014  42  1 (2,4)  2 (4,8)
2015  29  0 (0)  0 (0)
Zerkleinerte Haselnüsse
2014  44  1 (2,3)  1 (2,3)
2015  48  6 (12,5)  6 (12,5)

 

Die Ergebnisse der Tabelle 1 zeigen, dass sowohl im Jahr 2014 als auch im Jahr 2015 in lediglich etwa 7 % der untersuchten Proben „ganze Haselnüsse“ Aflatoxine nachweisbar waren. Demgegenüber wiesen verarbeitete Haselnussprodukte, wie geröstete, gehackte Haselnüsse oder gemahlene Haselnüsse, im Jahr 2015 eine weitaus höhere Belastungshäufigkeit auf als im Jahr 2014. In ca. 30 % (2014) bzw. 42 % (2015) der Proben „zerkleinerte Haselnüsse“ konnten bestimmbare Aflatoxine gemessen werden. Außerdem war die mittlere Belastung und die Zahl an Höchstmengenüberschreitungen (vgl. Tabelle 2) bei „zerkleinerte Haselnüsse“ im Jahr 2015 höher als im Jahr 2014. Die 2015 vergleichsweise höhere Anzahl an belasteten Proben könnte auf die Engpässe auf dem Weltmarkt zurückzuführen sein.

 

 

Die Resultate der Proben „zerkleinerte Haselnüsse“ bestätigen die langjährige Erfahrung, dass diese Produkte häufiger belastet sind, als „ganze Haselnüsse“ (vgl. Aflatoxine in Haselnüssen und Mandeln – Eine Gegenüberstellung der Untersuchungsergebnisse ganzer und zerkleinerter Ware - Untersuchungen aus dem Jahr 2012). Die Daten deuten darauf hin, dass für die Herstellung der zerkleinerten Ware Rohstoffe eingesetzt werden, die qualitativ weniger hochwertig sind als die ganzer Früchte.

 

Entwicklung der Schnellwarnmeldungen

Da Schalenfrüchte und Trockenfrüchte stark mit Aflatoxinen belastet sein können und sich trotz regelmäßiger Kontrollen keine wesentlichen Verbesserungen der Belastungssituation in den exportierenden Ländern ergaben, hat die EU-Kommission schon seit Jahren für diese Lebensmittel bei Importen aus bestimmten Drittlandstaaten eine spezielle Einfuhrkontrolle festgelegt. Zu den Lebensmitteln, die wegen möglicher Aflatoxinkontaminationen dieser Einfuhrkontrolle (auch Vorführpflicht genannt) unterliegen, gehören auch Haselnüsse aus der Türkei. Bis August 2014 wurde daher jede 10. Lieferung Haselnüsse aus der Türkei vor Einfuhr in die EU kontrolliert. Aufgrund zufriedenstellender Kontrollergebnisse in den zurückliegenden Jahren und einer zufriedenstellenden Inspektion der Direktion Gesundheits- und Lebensmittelaudits und -analysen der EU-Kommission (bisher Lebensmittel- und Veterinäramt, engl. Food and Veterinary Office - FVO) im Jahre 2012 wurde die Häufigkeit der Einfuhrkontrollen heruntergestuft. Seit September 2014 - gerade zu der Zeit, in der Haselnüsse in der Türkei knapp waren - wurde der Import nur noch stichprobenartig kontrolliert.

 

Tabelle 3: Kontrollergebnisse der EU (RASFF-Meldungen): Überhöhte Aflatoxingehalte in Haselnüssen/-produkten
Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Anzahl an Meldungen* 18 17 7 14 12 28

* Auswertung aus RASFF-Portal

 

Im europäischen Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) melden die Mitgliedstaaten u.a. Höchstmengenüberschreitungen von Aflatoxinen. Tabelle 3 stellt die Zahl der RASFF-Meldungen zu Haselnüssen aus der Türkei dar. Hierbei handelt es sich überwiegend um Ergebnisse von Kontrollen an der EU-Außengrenze. Trotz der reduzierten Kontrolldichte ist die Zahl der Meldungen im Jahr 2015 auffallend angestiegen. Dies ist vermutlich auf die Missernte und die dadurch bedingten Lieferengpässe zurückzuführen, weshalb möglicherweise mehr minderwertige Ware vermarktet wurde. Beruhigend ist jedoch, dass aflatoxinbelastete Ware nach Feststellung der Höchstwertüberschreitung an der Grenze zurückgewiesen wird und nicht in den EU-Binnenmarkt kommt. Wenn es sich um eine Untersuchung bereits vermarkteter Ware handelt, ergreifen die zuständigen Behörden die notwendigen Maßnahmen, damit die betroffene Ware aus dem Handel genommen wird.

 

Fazit

Die Ergebnisse der Untersuchungen beleuchten auch, dass sich die Belastungssituation bei Mykotoxinen der auf dem deutschen Markt erhältlichen Produkte jedes Jahr anders darstellt. Sie hängt von vielen Bedingungen, beispielsweise dem Klima bei der Blüte- und Erntezeit, aber auch von anderen Faktoren, wie Verfügbarkeit auf dem Weltmarkt, ab. Die Untersuchung auf Mykotoxine muss daher im ständigen Fokus der Lebensmittelüberwachung bleiben.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 27.07.2016